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1.3 Wappen/Siegel

Übersicht der Stadtwappen

Mit der Verleihung des Stadtrechts bekamen die Städte Siegel, mit denen sie Verträge rechtskräftig abschlossen.

 

Das älteste erhaltene Siegel unserer Stadt ist auf einer Urkunde aus dem Jahr 1300 erhalten. Es zeigt einen großen Männerkopf mit sorgfältig gescheiteltem Haar, das in langen Locken bis auf die Schultern herabfällt. Der ebenfalls gepflegte Bart ist in Korkenzieherlocken gedreht. Vom Gewand ist nur der mit Röschen verzierte Saum zu sehen. Beiderseits des Kopfes steht je ein auswärts gedrehter Schlüssel.

 

Die Umschrift lautet:

SIGILLUM – NOVECIVITATIS – GLEWE

(Siegel der Stadt Neustadt-Glewe)

 

In den Anfängen der Erforschung der Stadtgeschichte war es nicht leicht, die im Siegel dargestellte Symbolik, die sicher aus der Gründerzeit der Stadt stammt, zu deuten. Die tragenden Säulen des Feudalismus waren der Feudaladel und die Kirche.

Wappenbuch

An verschiedenen Beispielen lässt sich nachweisen, dass Stadt- bzw. Hauptkirchen Heiligen wie St. Georg, dem Apostel Petrus oder der Jungfrau Maria geweiht waren.

 

Auch in unserem Fall ist man von dieser Tatsache ausgegangen.

 

So deutet Pastor G. M. C. Masch, der um 1847 der maßgebliche Heraldiker im Lande war, den Kopf in unserem Siegel als Haupt des Apostels Petrus.

 

Friedrich Lisch hat diese Deutung 1857 bei der Neugestaltung der farbigen Stadtwappen mecklenburgischer Städte für den Thronsaal des Schweriner Schlosses nicht nur berücksichtigt, sondern sogar ins Mecklenburgische Urkundenbuch übernommen. Seitdem war es als richtig anerkannt. Zweifel kamen auf, als das Kirchenvisitationsprotokoll von 1548 die Neustädter Kirche eindeutig als Marienkirche, also Maria geweiht, auswies. Es kamen noch weitere Zweifel auf, als man daraufhin die Darstellungen des Petruskopfes im Siegel mit anderen Darstellungen der damaligen Zeit verglich. Außerdem sind nur auf den mecklenburgischen Stadtsiegeln Heiligendarstellungen, mit einem St. Georg auf dem ältesten Grabower Siegel und einer Maria mit Kind von Bützow, bekannt. Zudem fehlen in unserem Siegel der Heiligenschein und die Nennung des Namens von Petrus. Daher ging man dann davon aus, dass es sich um einen profanen Männerkopf handelt. In ihr suchte man eine weltliche Persönlichkeit, die irgendwie im Zusammenhang mit der Stadtgründung steht bzw. mit ihrer Vorgeschichte zu tun hat.

 

Damit entfällt auch die Möglichkeit, den Männerkopf als Petruskopf zu deuten und als Schutzpatron der Fischer mit den Fischern vom Kietz, wo 1576 nach dem Amtsbuch 14 Fischerkerle erwähnt werden, in Verbindung zu bringen. Als erster hielt Otto Vitense 1927 die Deutung für möglich, in dem Männerkopf ein „redendes“ Zeichen zu sehen, das sich auf den Ortsnamen bzw. Zusatz Glewe bezieht. Er hat bei dieser Vermutung nicht das slawische Chlew (Stall), sondern Glowa (Kopf, erhöhter Ort) abgeleitet. Wahrscheinlich war den Gründern von Neustadt-Glewe noch der slawische Ort im ehemaligen Land Brenz in Erinnerung, deren Bewohner nach der Stadtgründung zur eigenen Sicherheit in den neuen Ort zogen.

Siegel der Stadt

Der Männerkopf beansprucht im Siegel die meiste Fläche.

 

Aber auch die Deutung der beiden Schlüssel ist nicht einfach. Da sie durch ihre Größe sichtbar neben dem Kopf hervortreten, können sie kein Attribut von untergeordnetem Rang sein. Sie sind vielmehr durch ihre Größe ein selbständiger und gleichwertiger Teil im Siegelfeld und damit ein zweites „redendes Zeichen“.

 

Schlüssel sind Symbole für das Hausrecht. Sie können daher sowohl die beiden Stadttore versinnbildlichen bzw. Macht und Gerechtsame der Stadt darstellen.

 

Die zweite Variante deutet auf eine Besonderheit in unserer Stadt hin. Es überkreuzen sich auf ihm zwei Herrschaftsbereiche, einmal zur Gründungszeit die gräfliche, später herzogliche Gewalt, die durch den Vogt auf der Burg vertreten wurde, zum anderen die städtische, die im Rathaus ihren Sitz hatte. Daher gab es auch zwei Gerichtsstätten auf der Feldmark, eine städtische Richtung Wöbbelin, kurz hinter der Wegabzweigung zum ehemaligen Lazarett, die andere als herzogliche, jenseits der Bahn, rechts von der Parchimer Chaussee, in den Parchimer Tannen.

 

Noch bis 1918 besteht die Teilung der Gewalten, es sind gewissermaßen zwei Hausherren in der Stadt.

 

Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde das alte Siegel beim Fischen aus dem See geborgen. Die auf der Rückseite des Stempels befindlichen perlartigen Brandspuren lassen vermuten, dass es einen Brand durchgemacht hat. So mag es nach dem letzten großen Stadtbrand vom 7./8 Juli 1728 mit dem Rathausbrandschutt im See abgeladen worden sein. Hier ruhte es mindestens zwei Jahrhunderte, bis es durch Zufall wieder ans Tageslicht gebracht wurde.

 

Das alte Stadtsiegel wird durch einen im Schweriner Archiv befindlichen Abdruck bewiesen. Das Siegel selbst, mit einem Durchmesser von 71 mm aus Kupfer gefertigt, war bis 1941 in einer fast originalgetreuen Nachbildung im Rathaus vorhanden. Leider ist es seitdem verschwunden. ¹

 

Quelle. G. Düker „Neustadt-Glewe – Eine mecklenburgische Kleinstadt von den Anfängen bis zur Gegenwart“

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